Zum Artikel vom 09. September 2020 in den Kinzigtal-Nachrichten: Vor 20 Jahren begann NSU das Morden
Mich hat dieser Artikel wieder extrem aufgewühlt. Enver Simsek, das erste Opfer des NSU (Nationalsozialistische Untergrund), war einer von uns. Die Familie Simsek lebte in Schlüchtern. Vater Enver Simsek hatte im Langerkomplex einen Blumenladen. Die Kinder Samiya und Abdul Kerim gingen in Schlüchterner Schulen. Die Familie, besonders aber die Kinder, fühlten sich in Schlüchtern wohl, die Familie betrachtet Schlüchtern als ihre Heimat. Das erzählt Samira in ihrem Buch „Schmerzliche Heimat – Deutschland und der Mord an meinem Vater“. Sie berichtet aber auch von der schlimmen Zeit, von 10 Jahren, in denen die Familie in alle Richtungen verdächtigt wird. Die Kinder wurden befragt, die Wohnung verwanzt, die Mutter bricht zusammen. Es ist für mich unvorstellbar, dass unsere Justiz derartiges Unvermögen an den Tag legte. Beide Kinder erzählten mir, dass von einem Tag auf den anderen das Leben, auch in ihrer Heimatstadt Schlüchtern, unerträglich war. Wir Schlüchterner Grünen konnten erreichen, dass wenigstens eine Gedenktafel an Enver Simsek erinnert. Es hätte eines zentraleren Gedenkortes bedurft. So wurde wenigstens diese Gedenktafel in der Nachbarschaft des ehemaligen Blumenladens aufgehängt. Fragt man Schlüchterner BürgerInnen, so hat kaum jemand von dieser Gedenktafel Notiz genommen, weil sie relativ versteckt war. Durch den Abriss des Langerareals wurde die Tafel abgenommen und im Rathaus verwahrt. Ich hoffe, dass das Gedenken an diesen politischen Mord, einen sichtbareren Platz erhalten wird.
Amöne Nowottny