Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,
sehr geehrter Herr Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Welt ist im Aufruhr und viele, ja zu viele Bundesbürger:innen sind es auch!
Oft zurecht, aber auch …ganz oft, …zu Unrecht!
Auch wir in Schlüchtern können uns davon nicht frei machen.
Es wird gemeckert, was das Zeug hält. …Und wenn man vor der Post im Regen steht, nur um schnell die nächste Retoure loszuwerden!
Da kann man jetzt über die, viel zu kleine, Post schimpfen …oder aber auch mal kurz, das eigene Kaufverhalten überprüfen und überlegen, …was man der eigenen Stadt damit eigentlich jedes Mal antut.
…Und über den zunehmend bedauerlichen Zustand durch Leerstände, beschweren wir uns dann auch wieder!
Schauen wir doch mal zur Abwechslung nicht nur auf den Dreck, Lärm und die durch die zahlreichen Baustellen reduzierten Parkplätze, sondern nehmen wir bitte auch mal zur Kenntnis, dass die aktuelle Stadtentwicklung durch Kreativität, harte Arbeit und Fördermillionen das Leben in Schlüchtern
über die nächsten 30 Jahre hinaus,
überaus positiv beeinflussen wird! …Auch die Post.
Unterm Strich wird der in der Haushaltsplanung 2024 ausgewiesene Fehlbedarf, in Höhe von 705.000,- € durch den aus den Rechnungsabschlüssen der Vorjahre vorhandenen und über die Liquiditätsreserve hinausgehenden Zahlungsmittelbestand – und damit aus den erwirtschafteten ordentlichen Rücklagen von rund 11,1 Millionen Euro – gedeckt.
Schlüchtern braucht kein „Sondervermögen“,
Schlüchtern weiß, wie man gut wirtschaftet …UND dabei die Dynamik hält!
Das gilt insbesondere AUCH für unsere Unternehmen und deren Belegschaft!
Diese werden, Stand heute, rund 11 Mio. EUR Gewerbesteuer erwirtschaftet haben! Fast 4 Mio. mehr als prognostiziert!
Meinen großen Respekt dafür verbinde ich mit einer Bitte:
Investieren Sie bitte weiter in Schlüchtern, es lohnt sich! Wir Grüne werden auch in diesem Jahr, eine auf die Menschen fokussierte Stadtentwicklung im Sinne von leben, arbeiten …und sich wohlfühlen, energisch unterstützen.
Die SEG hat sich auf Basis europaweiter Ausschreibungen aufgemacht, Schlüchtern als Stadtmarke mit ihrem attraktiven Standort- und Tourismuspotenzial neu zu positionieren.
Zukünftige Kommunikation wird kongruent und zielgruppengerecht nicht nur für die Erlebniswelt, sondern übergeordnet, auch für die Stadtmarke Schlüchtern, und den Bergwinkel konzipiert werden.
Sehr gerne, Schulter an Schulter, …interkommunal!
(Achtung Wortspiel!) Das würde märchenhaft – viel Sinn machen!
Die Anzeichen dafür stehen gar nicht mal so schlecht!
Die wichtigsten Eckpunkte einer modernen Kleinstadt Entwicklung hat die Stadt bereits in ihrer bemerkenswert guten und zukunftsorientierten Bewerbung für die Kleinstadtakademie skizziert und überzeugend präsentiert!
Auch im Sinne von Nachhaltigkeit, könnte es Schlüchtern, auf diese Weise, im Wettbewerb mit jeder anderen ländlich geprägten Region aufnehmen.
Im Umkehrschluss heißt das aber: es muss jetzt auch unser Anspruch sein, diese Vorzüge umzusetzen,die wir als Host City einer Kleinstadtakademie, so stolz präsentiert haben.
Denn, seien wir ehrlich, da fehlts doch noch an EINIGEN Stellen!
An dieser Stelle unterstreiche ich gerne die von Ihnen gewählte Metapher, Herr Bürgermeister: „Stadtentwicklung ist wie rudern gegen den Strom – sobald man aufhört, treibt man zurück.“
Lassen Sie uns damit ganz oben anfangen… Am Bahnhof.
Unser Klassiker in vielerlei Beziehung!
Die diebstahlsicheren Fahrradboxen. Dauerbrenner! Kommen aber sicher noch! Mehrfach hier durch dieses Haus beschlossen, immer noch vakant!
Die weiter steigende Zahl von Job-Rädern und die Topografie Schlüchterns schreien weiter danach!
Dabei trifft die Stadt keine Schuld!
Verantwortlich für das enervierende Procedere, einer nicht allzu komplizierten, aber dennoch nicht enden wollenden Bahnsteigmodernisierung ist das zuständige DB-Bahnhofsmanagement.
Komplett fehlen: die ehemaligen Roll-Spuren an den Treppen. Diese wurden schlicht vergessen.
Gebraucht werden diese aber, trotz neuer Aufzüge! Die sind nämlich zu klein für mehrere Fahrräder.
Und vom und zum Acis? Barrierefreiheit, Fehlanzeige!
Dort gibt es weder einen Aufzug noch Fahrrad bzw. Kinderwagen-Spuren!
Die Bahn hat Probleme …offensichtlich nicht nur im Zugverkehr.
Deshalb plädieren wir für ein, erneutes Treffen mit Bürgermeister und dem DB-Bahnhofsmanagement.
Zeitnah! Und dazu ein Vorschlag: diesmal unter Einbeziehung aller hier vertretenen Fraktionen.
Nächstes Thema:
Die Anbindung vom und zum Bahnhof.
Diese ist einer Stadt, die inzwischen mehr Ein-als Auspendler hat, nicht würdig und das Gegenteil von wirtschaftsfördernd.
Die Anbindung zum Distelrasen ist immer noch grottenschlecht. Betroffen davon sind Top Arbeitgeber, Top Ausbilder und Top Gewerbesteuerzahler!
Das darf Schlüchtern so nicht hinnehmen.
Mal was Positives: Wenigstens die Busse fahren pünktlich.
Oft so pünktlich, so dass leicht verspätet ankommende Zugreisende …und ist ja leider die Regel, allzu oft nur noch die Rücklichter sehen. Es bräuchte nur etwas Flexibilität bei der Verkehrsgesellschaft, um Fahrgäste, in einem definierten Zeitfenster, nicht da oben in der Diaspora stehen zu lassen!
Weiter mit Verkehr. Da wo man ihn gar nicht vermutet! Und wo er auch, so wie er sich gegenwärtig darstellt, gar nicht hingehört:
nämlich ungeordnet und wild parkend am Acis!
Das ließe sich regeln. Dazu werden wir Vorschläge für alle Betroffenen einbringen. Für Autos, Fahrräder, Fußgänger:Innen und Nachbarn.
Wie sagt man so schön, der Weg ist das Ziel!
Gilt besonders für unseren wunderbaren R3! Von der Milseburg bis nach Bingen! Für den Bergwinkel-Tourismus ist er einer der ganz wichtigen Faktoren mit Potenzial. Das letzte nicht ausgebaute Teilstück zwischen Schlüchtern und Niederzell soll nun auch …endlich Geschichte werden. Der gefährliche Grobschotter soll weichen. Unsere Bitte an den Magistrat: Vergesst bitte nicht, das kurze Teilstück von der alten Kläranlage bis kurz vor die Rosenmühle!
Der R3, führt wunderschön durch, …die allerdings auch vom Hochwasser gefährdete, Kinzig-Au. An dieser Stelle möchte ich mich bei den beiden Stadträten Willi Staaf und Jürgen Heil bedanken, die sich vergangenes Jahr (nicht nur in Niederzell) sehr viel freie Zeit genommen hatten, um mit allen Ortsbeiräten die individuelle Hochwassergefährdung zu eruieren.
Jetzt gilt es aber auch, die erkannten Schwachstellen zu entschärfen. Dafür braucht es Prioritäten, den Bauhof und Förder-Geld!
Geld werden wir auch für die kommunale Wärmeplanung in die Hand nehmen müssen. Für Gemeindegebiete bis ca. 10.000 Einwohner schätzt das Deutsche Institut für Urbanistik die Kosten auf ca. 50.000 Euro.
Allerdings: Je mehr Vorarbeit es gibt, desto günstiger kann die Wärmeplanung für die Kommune werden. Bis spätestens Mitte 2028 sollen alle rund 11.000 betroffenen Kommunen Deutschlands eine solche Wärmeplanung haben. Wir sind gut beraten in Schlüchtern loszulegen und sofort nach deren Gründung, die Energie Bergwinkel GmbH mit den dafür nötigen Planungsaufgaben, zu beauftragen. An dieser Stelle sei an die Grünen Anträge zum Thema dezentrale Block-Heiz-Kraft-Werke für unsere Stadtteile erinnert! Lang ist‘s her!
Als Sofortmaßnahme sollte sich der Bauausschuss die Expertise dieser Energie Bergwinkel GmbH sichern um die, von dieser Stadtverordneten Versammlung beauftragten, verbindlichen Leitlinien bzw. Prüfkriterien für die Errichtung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen schnellstmöglich erstellen zu können.
Diese brauchen wir als verbindliche Satzung für die folgende Bauleitplanung und als Satzung für die Energie-Bergwinkel GmbH!
Mit Energie wollen wir auch das nächste Thema angehen:
Mehr als 80 Nationalitäten leben und arbeiten gemeinsam mit uns in unserer Stadt.
Über 80 Nationalitäten haben sich also auf den Weg nach Schlüchtern gemacht, um hier eine zweite Heimat zu finden.
Die Portrait-Serie, anlässlich der Bewerbung für die Kleinstadtakademie vor dem KUBE steht dort nicht zufällig! Sie spricht eine deutliche Sprache und formuliert sinnbildlich den Anspruch der Stadt: „soziale Integration im Quartier“ nicht nur ernst zu nehmen, sondern diese auch zu leben!
Herr Bürgermeister, sie sagen in Ihrer Rede zurecht: „Manche Zielgruppen haben wir bislang zu wenig angesprochen.“
Stimmt und es fehlt vielleicht manchmal an Motivation!
Wir hätten da eine Idee:
Die Stadt schreibt einen Integrationspreis aus.
Angesprochen werden alle. Alle gesellschaftlichen Gruppen! Wie unsere zurecht vielgepriesenen, 80 Vereine, die Feuerwehren, unsere Unternehmen, Handwerksbetriebe oder Elternvereine.
Die Beispiele gelungener Integration im praktischen Vereinsleben, im Betriebs- oder Schulalltag und die Geschichten dahinter, werden eingereicht, kommuniziert, gewürdigt und ausgezeichnet.
Gelungene Integration bereichert und belohnt die Stadt und die Ortsteile, schon durch das gesellschaftliche Miteinander!
Mitmenschlichkeit dieser Art, sollten in genau diesen, so schwierigen Zeiten, Wertschätzung erfahren, positiv zum Diskurs beitragen und zum Nachmachen anregen.
Schlüchtern wird weiterhin geflüchtete Menschen aufnehmen müssen. Das fordert die Stadt in vielfältiger Weise, nicht allein bei ihren hoheitlichen Aufgaben.
Die Stadtentwicklungsgesellschaft hat Ende des vergangenen Jahres in Rekordzeit, mit einer äußerst schlanken Personalbesetzung, sehr professionell das Alte Post-Gebäude zur Notunterkunft ertüchtigt.
Als Betreiber der Anlage erhält die SEG einen Zuschuss der Stadt sowie einen Betreibervertrag gemäß eines …Investitions- eines …Finanzierungs- und eines …Wirtschaftsplans. So kann die Gesellschaft auch zur Entlastung des Haushalts einen positiven Deckungsbeitrag erwirtschaften.
Alle hoheitlichen Aufgaben bleiben in den bewährten Händen der Stadt.
Die jüngst angeregte Debatte für ein interfraktionelles, öffentliches Eintreten gegen ausgrenzende und demokratiefeindliche Tendenzen, unterstützen wir uneingeschränkt. Auch der Magistrat darf sich an dieser Stelle nicht wegducken, sondern sollte Farbe bekennen! Nie mehr wieder, ist jetzt! Und ich füge hinzu, und hier!!!! …In Schlüchtern!
Es ist deshalb nur konsequent, wenn wir, was mit dem Projekt Stolpersteine für unsere ehemals bedeutende jüdische Gemeinde begann, auch in anderem Rahmen fortsetzen. Wir stellen uns eine Erweiterung des Gedenkens und aktiven Erinnerns vor und möchten den Bürgerinnen und Bürgern kulturelle Veranstaltungen rund um das Gedenken und die Auseinandersetzung mit antisemitischen und rassistischen Tendenzen ermöglichen. Gerade in Zeiten der Polarisierung, des Hasses und fake news, braucht es mehr Begegnungen und Orte, die gemeinsames Gedenken und Erinnern mit Verstand und Emotion befördern.
Von der Geschichte – zu unserer Zukunft: Bei unseren KITAS sind wir auf einem guten Trend. Wir werden weiter am Angebot an Plätzen arbeiten müssen, jetzt aber freuen wir uns erst mal auf den Umzug Kinderburg Wiesenzauber aus der Containeranlage ins Kube. Und auf die kürzlich beschlossene Wald-Kita mit ihrem besonderen pädagogischen Konzept. Besonders gut nachgefragt bei Eltern und neuen Erzieherinnen und Erzieher!
Wo es in Schlüchtern fehlt? Die Vereine nehme ich hier ausdrücklich aus. An altersgerechten Angeboten für unsere Jugendlichen! Auf dem zu entwickelnden Voigt-Gelände, die ehemalige Werkshalle zu einer Indoor-Location für Jugendliche umzubauen, wäre ein erster Schritt, wird aber noch lange auf sich warten lassen. Schlüchtern braucht vor allem in der Innenstadt einen geschützten Treff- und Fixpunkt für diese Altersgruppe.
Gut möglich, dass sich das leestehende Volksbank Gebäude an der Obertorstraße dafür anbietet. Gut gemacht, wäre es ein Leerstand weniger und neben den Jugendlichen, vielleicht auch für andere Zielgruppen, ein zukünftiger Innenstadt-Magnet. Stichwort KDB, Kaufhaus des Bergwinkels. Schon mal gehört? Mehr wird nicht verraten.
Für mediale Unterstützung sorgt einer der heutigen Anträge, den wir Grüne begrüßen und der sicherlich auch vom WITO unterstützt werden wird.
Gerne würden wir Grüne in Schlüchtern das Managen von Leerständen langfristig komplett obsolet machen …und viel lieber nachhaltige Räume für eine sich selbst befruchtende Stadtentwicklung schaffen!
Dafür braucht es eine pulsierende Innenstadt und Kristallisationspunkte, wie die neue Mitte oder den neuen Stadtplatz.
Was mich allerdings nachdenklich stimmt, sind immer wieder nicht unerhebliche inhaltliche Abweichungen der umgesetzten Projekte von ehemaligen Gewinnerkonzepten.
In der Stadtplatzpräsentation von „Foundation 5“ heißt es z.B.: „Im Osten wird der Platz künftig von einem Baumhain begrenzt, der diese zum Großteil verdeckt und in dessen Umfeld ein neuer Veranstaltungs- und Aufenthaltsbereich mit Bühnenelementen entsteht“.
Zurzeit sehe ich da allerdings Merkwürdiges… Strauchwerk?
Das lässt sich sicher wieder heilen. Muss es auch!
ABER: Meine Damen und Herren… gute Entwürfe, wie der des Preisträgers der Stadtplatzgestaltung, müssen konsequenter vor inhaltlicher Erosion, während der Umsetzungs-Phase geschützt werden!
Sonst braucht es keinen Wettbewerb, keine Jury und auch kein gefeiertes Gewinnerkonzept!
Gänzlich ohne städtisches Geld aber mit großem Gewinn für die Stadt und das sollte durchaus bei einer Beratung wie dieser erwähnt werden, startete die Initiative Repair-Café. Sie entwickelte sich zu einem erfreulich gut angenommenen Treffpunkt für Jung und Alt …und unterschiedlichster Nationen. Danke an Karin Nievelstein und dem BUND!
Diese Initiative ist nicht nur ein deutlicher Wink, unsere ex-und-hop-Mentalität zu überdenken. Vor allem die inzwischen zwei Dutzend aktiven Handwerker, Tüftler und Technikgenies jeden Alters, leisten einen durchaus charmanten Beitrag zur Belebung unserer Stadt und unsers sozialen Miteinanders. Schauen Sie mal mit ihrem lädierten Lieblingsstück vorbei! „Dort werden Sie geholfen!“
…Von frisch gebackenen Umweltpreisträgern und Innen!
Herzliche Gratulation, an dieser Stelle!
Bleibt mir noch Danke zu sagen, allen Damen und Herren der Ämter und Fachbereiche, die uns das heutige Zahlenwerk auch emotional wieder so schön nahegebracht haben. Das gilt ganz besonders für Sie, verehrte Frau Kohlhepp mit ihrem unermüdlichen Einsatz!
Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen für Ihre geduldige Aufmerksamkeit!
Gerd Neumann, Fraktionsvorsitzender, Die Grünen/B90 29.01.2024